Teamgeist 1  für Teamgeist 2
Rund Bornholm  2004
von Wolfgang Blietz

bornholm 2004 001

Whitbread,Volvo Ocean Race und Americas Cup – alles interessante Seereisen, aber für uns nicht die passende Herausforderung.

Wir, das sind Katja Ernst, Phillip Dressel und  Wolfgang Blietz vom Segelclub Wannsee, suchten die ultimative Herausforderung und meinten sie zu finden in der Regatta „Rund Bornholm“, die alljährlich anlässlich der Warnemünder Woche statt findet.

Start und Ziel zugleich ist Warnemünde und die direkte Route im Uhrzeigersinn um Bornholm herum beträgt ungefähr 270 Seemeilen.

Unser Boot, eine Elan 45 fanden wir bei einer Charterstation auf der Insel Fehmarn und so brachen wir am Freitag, den 2.Juli gen Lübeck und via Fehmarnsund zur Marina Burgtiefe auf.

Der Proviant ( 2 Tage zuvor in der Metro erstanden – für eine Atlantikquerung ausreichend) war zum Glück im VW Bus unter gebracht, denn die 3köpfige Crew des begleitenden PKW´s favorisierte aufgrund eines Thermostatproblems die Losung:  

Entzieh die Hitze dem Motorraum

dann kannste schwitzen wie selten kaum.

Mehr oder weniger verschwitzt fanden wir dann die Insel, den Ort, die Marina und das Boot, mittlerweile zu sechst – Sven, Thomas, Burkhard und wir drei.

Am darauf folgenden Tag (Samstag 3.Juli) war dann ursprünglich eine lockere Überfahrt nach Warnemünde geplant, die Crew sollte sich und das Boot kennen lernen. Stattdessen erfuhr schon bei der Gelegenheit manch einer mehr über sich selbst: viel Wetter, viel Wind, viel Wellen und noch viel mehr Vorfreude, denn die Prognose für die nächsten Tage versprach keine  Aussicht auf Kaffeetörn und Sonnenmilch.

Gegen Mittag liefen wir in den Alten Strom von Warnemünde ein, natürlich bei plötzlich eitlem Sonnenschein.

Und dieses Gewässer war offiziell nur den teilnehmenden Yachten der Regatta „Rund Bornholm“ vorbehalten, 3 Stunden später nach mehreren Festmachaktionen und vielen Diskussionen mit freundlichen Ausflugsdampferkapitänen und der Wasserschutzpolizei fanden wir dann endlich einen sicheren Liegeplatz am Steg der Polizei allerdings mit der Auflage, am nächsten Morgen um 7 Uhr die Stätte wieder zu räumen.

Das taten wir dann auch am Sonntagmorgen mit der Kalkulation „Wir gehen ab 7 Uhr auf der Ostsee ´ne Runde Segeln, ein bisschen Spimannöver, ein bisschen Mann-über-Bord-Mannöver und kehren gegen Mittag zurück, wenn dann alle anderen Yachtis zum Üben raus gehen…“

Hätte auch sicherlich wunderbar funktioniert, hätte nicht auch für Sonntagvormittag das Phänomen „Wetter“ auf der Tagesordnung gestanden, denn während wir in Sichtweite von Warnemünde bei durchschnittlichen 5-6 Bft unsere Runden drehten, verschwand mit einem Male die komplette Ostseeküste,

bornholm 2004 002eine Gewitterfront mit Endzeitstimmung überzeugte die nunmehr 7-köpfige Crew (Holger extra aus Vietnam dazu geeilt), noch ´ne Weile da draußen rum zu kreuzen.

Und als wir am Mittag nach einer stolzen Distanz von 55 versegelten Seemeilen und bei wieder plötzlich eitlem Sonnenschein in den Alten Strom zurück kehrten mussten wir feststellen, dass offensichtlich alle anderen Yachtis es vorzogen, bis in den Spätvormittag auszuschlafen und bis in den Mittag ausgedehnt zu frühstücken.

Kurzum noch weniger Platz als am Vortag,  das Boot fest zu machen, die Durchfahrt noch enger und bei Wendemannövern unwesentlich mehr Raum zur Verfügung, als die 45 Fuß unseres Bootes.

Dann wider Erwarten doch einen Platz gefunden: längsseits an einer Dehler41, deren Eigner sichtlich hoch erfreut uns zunächst in die Modalitäten seiner Decksquerrung unterwies: tagsüber nur übers Vorschiff, ab Mitternacht ausschließlich übers Cockpit und das möglichst schwebend…, wir taten unser bestes und bestaunten am nächten Tag die Führungsqualitäten des Eigners.

Jochen (der Eigner) überzeugte gar eines seiner Crewmitglieder, in diese dreckige Brühe der Warnow hinab zu steigen, um seine Bugstrahlvorrichtung mit jeweils einer Blende links und rechts zu versehen, bringt mindestens 0.1 Knoten mehr laut seiner Auskunft.

Am Sonntagabend dann endlich die komplette Crew beisammen: Charlotte

direkt aus den U.S.A. zu uns geeilt. Und das Fußball-EM-Endspiel begeisterte sogar die absoluten Nichtkenner -  Griechenland wird Europameister !

Der Montagvormittag stand ganz im Zeichen von Konzentration, einschwören auf den Teamgedanken und mentale Opfer an den Wettergott.

Wissen und Erfahrungen eines jeden Einzelnen ließen uns die Stufen der inneren Ruhe erklimmen, uns in gespannter Vorfreude Sextanten, Kompass und Schiffszwieback überprüfen.

Ist der Federkiel fürs Logbuch gespitzt ? Sind genug Wurzelbürsten für die Planken vorhanden ? Sitzt die Regattauniform faltenlos ??

So verrann die Zeit im Stundenglas wie im Fluge.

Dann endlich die Leinen los, an die Millionen von Schaulustigen einen letzten Gruß, unter Genua und Groß das gespannte Warten auf den befreienden Startschuß um 15 Uhr.

Unmittelbar vor diesem Signal Änderung der Strategie: statt aus der Pole Position wollen wir das komplette Feld systematisch von hinten aufrollen, wir gehen als letztes Boot über die Startlinie, keine Bedrohung aus dem Nacken, die da vorne gilt es „nass“ zu machen.

Kurze Zeit später eine bemerkenswerte Initiative der Regattaleitung: von einem heran brausenden Motorboot werden wir darauf aufmerksam gemacht, dass wir unseren „Adenauer“ zu entfernen hätten, wir kommen dem nach, aber eine logische Erklärung bleibt man uns schuldig.

Im selben Augenblick glückt uns ein wunderbares Spimannöver und bei konstant 5-6 Bft  mit Kursrichtung Bornholm bis Mitternacht kein weiteres Mannöver,

bis dahin mit bis zu 12.6 Knoten ein Surferlebnis vom feinsten, unartiulierte Laute, jeder grinste breit vor sich hin und genoss dieses Rauscherlebnis, dazu wie bestellt einen farbenfroher bilderbuchschöner Sonnenuntergang.bornholm 2004 003

Unsere Zuversicht, unser Selbstvertrauen wuchsen von Stund zu Stund, immer mehr Boote überrollten wir von hinten und gemäß einer vorsichtigen Hochrechnung mutmaßten wir die Zieldurchfahrt am Mittwochmorgen...
    

Fortsetzung folgt...